Lange hielt sich Pol Cruchten bedeckt, an welchem Projekt er denn nun, nach seiner eindringlichen Dokumentation „Never Die Young“, die anlässlich der dritten Auflage des „Discovery Zone – Luxembourg City Film Festival“ zu sehen war und die Grenzen des Genres auf überaus spannende Art und Weise aufbrach, arbeiten würde. Von der Verfilmung eines Buches einer Erfolgsautorin aus der Ex-Sowjetunion war in der Gerüchteküche die Rede. Nun ist die Katze – wobei man hier schon von einem Löwen sprechen könnte – aus dem sprichwörtlichen Sack: Der Regisseur von „Hochzäitsnuecht“, dem ersten Luxemburger Film, der es bis an die Croisette in Cannes schaffte, verfilmt „Voices from Chernobyl: The Oral History of a Nuclear Disaster“ von Swetlana Alexijewitsch, die den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält.
So gewandt und artikuliert er sich mit Bildern auf der Leinwand auszudrücken vermag, so zurückhaltend ist Filmemacher Pol Cruchten im Gespräch. Es sei denn, er erzählt von seinem neuen Projekt, der Verfilmung von Swetlana Alexijewitschs Buch – in der deutschen Übersetzung als „Tschernobyl. Eine Chronik der Zukunft“ im Berlin Verlag erschienen. „Die Tiefe der Emotionen und die existenzielle Betroffenheit der Opfer wird zu einem literarischen Werk, dessen Tragik sich kein Leser entziehen kann“, hatte der Rezensent der Tageszeitung „Die Welt“ in seiner Rezension festgehalten.
Visitenkarte « Never Die Young »
Mit hör- und spürbarer Begeisterung spricht der Regisseur über die Leinwand-Umsetzung des Buches, für das die Journalistin Interviews mit über 500 von der Atomreaktor-Katastrophe betroffenen Menschen führte und diese individuellen Stimmen und Schicksale in Collage-Form zusammenführte, und das 2005 mit dem amerikanischen „National Book Critics Circle Award“ in der Sparte Sachbuch ausgezeichnet wurde.
Dass die Autorin überhaupt zustimmte, ihm die Rechte zu überlassen, verdankt er dabei „Never Die Young“: „Ich habe ihr eine DVD des Films zugeschickt, damit sie sich ein Bild von meiner Arbeit machen kann“, so Cruchten. Wie schnell der Rückruf dann tatsächlich kam, habe aber letztlich auch ihn selbst überrascht: „Als mein Handy klingelte, waren nur wenige Wochen vergangen“, erinnert sich der Filmemacher, dessen Produktionshaus Red Lion gemeinsam mit ukrainischen Partnern das Werk finanziert. „Eine Unterstützung durch den Luxemburger Filmfund ist auch schon gesichert“, stellt er mit Genugtuung fest.
In ein paar Wochen geht es in die Ukraine zu einer ersten Aufklärungsmission. Die Dreharbeiten sollen dann ab März/April nächsten Jahres in drei bis vier Monaten über die Bühne gehen.
Regimekritische Autorin
Die 1948 im westukrainischen Stanislaw geborene weißrussische Journalistin und Autorin Swetlana Alexijewitsch erhielt u. a. den Tucholsky-Preis des schwedischen P.E.N. (1996), den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis (2001) und den Ryszard-Kapuscinki-Preis für literarische Reportagen (2011).
Mit Veröffentlichungen über den Zweiten Weltkrieg, die Atomkatastrophe von Tschernobyl und den sowjetischen Afghanistanfeldzug wurde die Regimekritikerin international bekannt – ihre Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Einher mit diesem Ruhm gingen jedoch ein Verbot ihrer Werke und öffentlicher Auftritte in der Heimat.
Am kommenden 13. Oktober wird ihr zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche der diesjährige Friedenspreis des Deutschen Buchhandels überreicht.
Demnach lässt das Aufeinandertreffen zweier so begnadeter, wie einfühlsamer Chronisten wie Alexijewitsch und Cruchten es sind, Spannendes erahnen.
Source: Vesna Andonovic – www.wort.lu
E wonnerschéine Film iwwert e ganz schrecklecht an trauregt Kapitel Mënschegeschicht …!
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